Ruslan Grinberg beriet Michail Gorbatschow. Ein Gespräch über das Ende der Sowjetunion, Wirtschaftssanktionen und die Zukunft von Deutschland und Russland.
Das war aber ein netter Freund.
Drei Jahre später, nach dem Fall der Mauer, stellte sich heraus, dass er ein echter Sadist war. Als zum ersten Mal Leute aus der UdSSR nach West-Berlin kamen, war das für ihn eine Zirkusnummer. Er pflegte, die Leute ins KaDeWe zu bringen. Sie wissen, dass es dort Lebensmittel aus allen Ecken und Enden der Welt gibt. Besonders Menschen, die zum ersten Mal das westliche Ausland besucht haben, waren erschlagen von dem Anblick: 100 Sorten Wurst, 200 Sorten Käse.
Ja, er wollte in diesen Ländern die Wirtschaft effektiver gestalten und marktwirtschaftliche Instrumente einführen, wie zum Beispiel freie Preise in einigen Sektoren. Gorbatschow verbrachte seine Jugend während des Prager Frühlings 1968. Er war für die Liberalisierung des politischen Systems. Auch für die Deutschen ist Gorbatschow eine wichtige Person. Was hat ihn damals so erfolgreich gemacht?
Damals ging es um die Angst vor der Vernichtung der Menschheit. Das hat die Gespräche beflügelt. Interessanterweise waren die sowjetischen Familien nicht so ängstlich im Vergleich zu den Deutschen. Vielleicht ist es zu einem gewissen Grad damit verbunden, dass die russische Mentalität anders ist. Wir sind verschiedene Bedrohungen gewöhnt. Menschen, die Anfang des 20. Jahrhunderts geboren sind, haben zwei Weltkriege erlebt, Stalins Repressionen und zweimal Hunger.