Die französische Bestsellerautorin Amélie Nothomb verwandelt das Leben ihres Vaters in einen irrlichternden Roman. Sein Titel: „Der belgische Konsul“.
Foto: dpa / Alejandro GarciaEs ist Mittag, heiß und unerträglich schwül. Der Duft der Pflanzen raubt einem den Atem. Aber Patrick Nothomb ist nicht hier, um die Natur zu erkunden, sondern um als belgischer Konsul mit maoistischen Aufständischen im Kongo über das Leben von Geiseln zu verhandeln. Wochenlang ist er mit ihnen in einem Hotel von Stanleyville eingesperrt.
Patrick Nothomb wird nicht sterben. Die Hinrichtung war nur ein makabres Spiel. Er wird auch das Gemetzel, das bei der Landung belgischer Spezialeinheiten stattfindet, fast schadlos überstehen. Er wird als Konsul und Botschafter weiterziehen in die nächste Krisenregion und seine Tochter Amélie mit Einzelheiten seines Lebens füttern.
Während das Exekutionskommando auf ihn anlegt, rauscht sein bisheriges Leben noch einmal an ihm vorbei. Amélie Nothomb, in Belgien und Frankreich längst ein literarischer Superstar, sammelt Gedankensplitter und bastelt daraus ein mit bizarren Kuriositäten geschmücktes Familienporträt in politisch wirren Zeiten. Zeichnet eine Kindheit zwischen Überfluss und Entbehrung. Der Vater früh verstorben, die Mutter hoffnungslos überfordert.
„Haben Sie Kinder, Herr Konsul?“, fragt ihn der Präsident des Rebellen-Staates. „Einen zweijährigen Jungen, André, und ein neugeborenes Mädchen, Juliette“, sagt der Konsul. „Wollen Sie noch ein drittes Kind?“ „Das wird von Ihnen abhängen, Herr Präsident.“ Das Kind wird 1967 im japanischen Kobe das Licht der Welt erblicken und Amélie heißen.Amélie Nothomb: „Der belgische Konsul“. Übersetzt von Brigitte Große. Diogenes, 144 S.