Rituelle Gewalt: Eine ausgeblendete Realität

Italia Notizia Notizia

Rituelle Gewalt: Eine ausgeblendete Realität
Italia Ultime Notizie,Italia Notizie
  • 📰 tazgezwitscher
  • ⏱ Reading Time:
  • 293 sec. here
  • 6 min. at publisher
  • 📊 Quality Score:
  • News: 121%
  • Publisher: 67%

Rituelle Gewalt ist eine sehr brutale Form des Missbrauchs. Manche zweifeln ihre Existenz an. Julia Winter nicht. Sie hat sie erlebt.

Sean-Elias AnsaRuth Lang Fuentes 11.2.2023, 18:25 Uhr

An diesem Tag im Herbst 2022 und in den darauffolgenden Treffen wird Julia Winter ihre Geschichte offenlegen. Es ist eine Geschichte, die schwer zu ertragen ist. Sie handelt von Gewalt, die sie von Kindheit an erlitten hat. Winter wurde jahrzehntelang gefoltert, gequält, missbraucht. Winter ist Betroffene ritueller Gewalt, einer speziellen Form der organisierten, sexualisierten Gewalt. Dabei schaffen die Tä­te­r:in­nen eine Art Glaubenssystem in faschistoiden, satanistischen oder religiösen Gruppen. Julia Winters Familie lebt eine faschistoide Ideologie.

Allein in den ersten zwei Jahren meldeten sich über 8.000 Menschen, fast 5.500 Beratungsgespräche wurden geführt. Die Gewalt und die Erfahrungen, die Betroffene schildern, sind laut Aufarbeitungskommission teilweise so drastisch, dass sie von Außenstehenden oft nicht für glaubwürdig gehalten werden. Auch deshalb schaffen es Fälle wie der von Julia Winter selten in die Öffentlichkeit.

In der Untersuchung sollte die Frage geklärt werden, ob die „Verschwörungserzählung Rituelle Gewalt/Mind Control“ in die Traumatherapiestation der Klinik Einzug gehalten hätte. Der Oberarzt verlor darauf seinen Job. Die Chefärztin der Klinik wurde freigestellt. Im Januar 2023 strahlte das SRF die dritte Dokumentation über das Thema aus.Auch Julia Winter hat oft erlebt, dass ihr nicht geglaubt wird. Sie wird Mitte der Siebzigerjahre in Ostdeutschland geboren.

Ihre ersten Erinnerungen im Alter von drei Jahren beschreibt sie so: „Meine Mutter saß nach einem Gewaltexzess meines Vaters auf der Couch. Ich habe einen Waschlappen geholt, um ihr zu helfen, weil sie verletzt war.“ Doch auch ihre Mutter erlebt Winter als unberechenbar: Manchmal habe sie mit allem, was sie in die Hand bekam, auf sie eingeschlagen. Liebe und Zuwendung habe Julia Winter nicht gekannt: „Mein Alltag war geprägt von Angst.

Was Julia Winter erzählt, lässt sich schwer überprüfen. Es gibt kaum Zeugen, die nicht selbst Tä­te­r:in­nen waren. Normalerweise gehört es zu einer ausgewogenen Berichterstattung und zur journalistischen Fairness, auch die anzuhören, gegen die Vorwürfe erhoben werden. Julia Winter lehnt das strikt ab. Auf keinen Fall will sie, dass die Redaktion Kontakt mit ihrer Familie oder mit Strafverfolgungsbehörden aufnimmt.

Die „Urlauber“, das waren ihre Vergewaltiger. „Nach dem Missbrauch musste ich das Zimmer selbst aufräumen und säubern, dafür habe ich ein Taschengeld von 5 DDR-Mark bekommen.“ In einer Zeile in dem Heft steht eine routinierte Handschrift, wie eine Unterschrift unter einem Dokument: „Mein Erzeuger zeichnete die Einträge gegen.“

„Mich hat schon gewundert, dass in Julias Zimmer ein Doppelbett stand. Als Kinderzimmer war der Raum nicht erkennbar.“ Ihre Eltern hätten nicht gewollt, dass sie wieder zu dieser Familie gehe, warum, hätten sie nicht gesagt. Bender hat erst spät erfahren, was ihre Freundin in der Kindheit erlebt hat. Noch immer kann sie das kaum fassen. Sie ringt um Worte oder weint, wenn sie erzählt, wie Winter mit ihrer Herkunft lebt.

Zu dem Zeitpunkt ist Julia Winter Mitte 20 und schon ausgezogen, aber die Tä­te­r:in­nen missbrauchen sie weiterhin. Die Staatsanwaltschaft legte dem Beschuldigten sowie weiteren unbekannten Tätern zur Last, Winter mindestens seit 1983 bis in die 1990er Jahre in ihrem Heimatort und nicht näher bekannten Tatorten sexuell missbraucht zu haben.

Darin steht aber auch, dass das Verfahren eingestellt werde. In der Begründung heißt es: Beide Sachverständigengutachten, die zur Glaubhaftigkeitsbeurteilung von Winters Aussagen veranlasst wurden, seien zu dem Ergebnis gelangt, „dass die Geschädigte an einer dissoziativen Identitätsstörung leide“.Die „Explorierbarkeit der Zeugin“ sei „aufgrund ihrer psychischen Instabilität, derzeit nicht in hinreichendem Maße gegeben“, um Anklage zu erheben.

„Wie in Watte“ Bei fast 95 Prozent der Pa­ti­en­t:in­nen entstehe die Störung nach einer schweren frühkindlichen Traumatisierung durch sexuellen, physischen, psychischen und/oder rituellen Missbrauch vor allem im Elternhaus. Julia Winter erzählt: „Ich erinnere Situationen, als ein Auto anhielt und ein Mitglied der Gruppierung aus dem Autofenster einen Satz sagte. Zunächst wirkte das harmlos. Aber danach war ich weg, ich wusste tagelang nichts mehr.“ Wenn sie wieder zu sich kam – meist in ihrer Wohnung – musste sie sich erholen. Sie hatte Schmerzen, Verletzungen, von denen sie nicht wusste, wo sie herkamen. Meist waren sie schon verarztet.

Für Menschen, die wie Julia Winter systematisch ausgebeutet werden, gibt es nur wenige Beratungsstellen. Eine ist Karo e. V. im sächsischen Plauen. Der Verein kümmert sich seit 1994 vorwiegend um Frauen, die gezwungen werden, sich zu prostituieren und von Menschenhändlern wie Ware benutzt werden. Karo betreibt ein Schutzhaus und zwei Wohnungen speziell für Betroffene ritueller Gewalt.

An der Not der Betroffenen habe sich seitdem nicht viel geändert: Immer noch gibt es zu wenig adäquate Versorgung. Rituelle Gewalt würde noch zu oft für eine Verschwörungserzählung gehalten – das schütze die Täter, so Schauer-Kelpin. Die Menschen bräuchten bei dieser Form der Gewalt spezifischere Hilfen.

Einer der größten Fälle sexualisierter Gewalt in Deutschland wurde in Bergisch-Gladbach seit 2019 aufgedeckt. Doch auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft in Köln nur gegen Einzeltäter:innen.

Abbiamo riassunto questa notizia in modo che tu possa leggerla velocemente. Se sei interessato alla notizia puoi leggere il testo completo qui. Leggi di più:

tazgezwitscher /  🏆 26. in DE

Italia Ultime Notizie, Italia Notizie

Similar News:Puoi anche leggere notizie simili a questa che abbiamo raccolto da altre fonti di notizie.

Beobachter warnen vor Gewalt bei Wahlen in NigeriaBeobachter warnen vor Gewalt bei Wahlen in NigeriaEnde Februar entscheidet die Bevölkerung über einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament. Die Hoffnung auf ruhige Wahlen schwindet.
Leggi di più »

Plünderungen und Selbstjustiz: Erdogan will Gewalt im Erdbebengebiet mit Ausnahmezustand stoppenPlünderungen und Selbstjustiz: Erdogan will Gewalt im Erdbebengebiet mit Ausnahmezustand stoppenAus dem schwer zerstörten Gebiet in der Türkei mehren sich die Berichte über Tumulte. Präsident Erdogan gerät deswegen unter Druck.
Leggi di più »

Anklage: Restaurant-Teilhaber aus Charlottenburg mit Waffe im Mund unter Druck gesetzt?Anklage: Restaurant-Teilhaber aus Charlottenburg mit Waffe im Mund unter Druck gesetzt?Ein Berliner Restaurantbesitzer soll mit Gewalt versucht haben, einen stillen Teilhaber aus dem Geschäft zu drängen.
Leggi di più »

Berliner Restaurantbesitzer foltern stillen Teilhaber – AnklageBerliner Restaurantbesitzer foltern stillen Teilhaber – AnklageBrutale Folter: Ein Inhaber mehrerer Berliner Restaurants soll gemeinsam mit vier Komplizen versucht haben, gewaltsam ein Schuldanerkenntnis über fünf Millionen Euro sowie die Inhaberschaft über ein Restaurant zu erlangen. Berlin
Leggi di più »



Render Time: 2025-04-07 06:06:40